Warum wird A.C.A.B in Graffitis benutzt
MEHR ALS EIN PAAR BUCHSTABEN
Graffiti sind längst zum Teil der urbanen Kultur geworden und aus keinem modernen Stadtbild mehr wegzudenken. Dabei fällt auf, dass einige Symbole und Schriftzeichen immer wiederkehren – so wie die Buchstabenfolge A-C-A-B. Doch was bedeuten die aneinander gereihten, manchmal durch Punkte getrennten Versalien eigentlich?
ABC WIE BITTE?!
ACAB oder A.C.A.B. ist eine Kurzform der englischsprachigen Parole „All Cops Are Bastards“. Wörtlich übersetzt lautet sie „Alle Polizisten sind Bastarde“ – und scheint oberflächlich betrachtet keinen Sinn zu ergeben. Dem Duden nach sind Bastarde die unehelichen Kinder eines Adligen. Später jedoch änderte sich diese Bedeutung und der Begriff wurde zum Schimpfwort. Seit Mitte des 19. Jahrhunderts dient er als allgemeine Bezeichnung für minderwertige Personen. Wie aber hat er in die Graffiti der Großstädte gefunden?
VON DER HAUT AN DIE WAND
Ihren wahrscheinlichsten Ursprung hat die Buchstabenfolge in britischen Gefängnissen. Hier ließen sich vom Rechtssystem frustrierte Häftlinge die Kombination aus A, B und C in Arme, Brust oder Rücken stechen. Nach ihrer Entlassung dienten die Tätowierungen als Vorlage für Aufnäher, T-Sirt-Drucke oder Buttons. Die so gestalteten Accessoires fanden vor allem in der neu entstehenden Punk-Szene Anklang. Deren Anhänger lehnten sich gegen jede bestehende Gesellschaftsordnung auf und waren damit – natürlich – auch gegen das staatlich organisierte Polizeiwesen. Im Sprühen von Graffiti fanden sie zudem eine beliebte, weil verbotene Möglichkeit, ihre Ansichten mitzuteilen. Was also lag näher, als beides miteinander zu verbinden?
A.C.A.B. FREI INTERPRETIERT
Doch die genannte Buchstabenfolge ist längst kein Phänomen der Punk-Bewegung mehr. Immer mehr Sub- und Randkulturen haben sie ebenfalls entdeckt und ihr eine jeweils eigene Bedeutung gegeben. Je nach Ursprung oder Lesart verbirgt sich hinter der Versalien-Anordnung „ACAB“ das multikulturell-bejahende „All colours are beautiful“ / Alle Farben sind schön oder die links-politische Aussage „All communists are beautiful“ / Alle Kommunisten sind schön. In autonomen Kreisen wird sie auch gern so interpretiert: „Autonome Chaoten argumentieren besser“. Fußballfans hingegen finden die Abkürzung in ihrer Lieblings-Spielehochburg Copacabana wieder. Gelegentlich wird die Parole auch in Zahlen dargestellt: Entsprechend ihrer Stellung im Alphabet erscheinen die Buchstaben ACAB dann als Ziffernfolge 1312.
JETZT MAL IM ERNST
Strafbar ist beides, denn der Schriftzug ist zu häufig in seiner ursprünglichen Bedeutung genutzt worden, um ihn geschönt umdeuten zu können. Aus diesem Grund findet sich unter einem lässig dahingesprühten „A.C.A.B.“ auch niemals ein Graffiti Tag. Die einer Unterschrift gleichkommende Sprayer-Signatur würde jede/-n identifizieren, der sie angebracht hat. Die oder der Betreffende bekäme dann die ganze Härte des Gesetzes zu spüren. Die Strafen für ein derartiges Vergehen fallen jedoch recht unterschiedlich aus. Wie die Buchstaben selbst kann nämlich auch der ganze Satz unterschiedlich ausgelegt werden. Manche Richter sehen mit „Cops“ den gesamten Polizeiapparat beleidigt; andere nur eine kleine Gruppe. Dementsprechend hohe Geldbußen drohen der Person, die ihr Graffiti Tag aus falschem Stolz unter ein ohnehin verbotenes Motiv gesetzt hat.